Kerzenphysik – wissenschaftlich über das Brennen PDF Drucken E-Mail

Die Kerzenflamme schmilzt und verdampft das Wachs, das vom Docht durch seine Kapillaraktivität aufgesaugt wird. Die freigesetzten Kohlenwasserstoff-Moleküle spielen vielerlei Rolle im Verbrennungsprozess. Die Flamme der Kerzen wird in die Gruppe der Diffusflammen eingestuft, weil die Luft in den Betriebsstoff der Flamme diffundiert.

Unmittelbar über dem Docht ist der dunkle Kern der Flamme. Der obere Teil der Flamme ist gelbleuchtend, der untere Teil hat bläuliche Farbe. Im dunklen Kern gibt es niedrigere Temperatur, ca. 600 °C, in der Glühzone herrschen etwa 1200 °C. Am wärmsten ist die Flammenoberfläche mit 1400 °C.

Die verdampften Kohlenwasserstoff-Moleküle zerfallen allmählich in der dunklen Zone infolge der Wärmewirkung. Sie verlieren in erster Linie C2H4 und CH2-Radikale. Die untere bläuliche Zone der Flamme ist die Reaktionszone. Die bläuliche Farbe entsteht durch Strahlungsübergänge angeregter Moleküle der Verbrennungsgase C2 und CH.

In der Glühzone treten die zerfallenen Kohlenwasserstoff-Moleküle mit dem Sauerstoff der Luft in chemische Reaktion. Der Kohlenstoff der Kohlenwasserstoffketten wandelt sich in Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff um. Auch noch heute sind alle Einzelheiten des Mechanismus dieser komplizierten Reaktionen nicht bekannt. Der noch nicht zerfallene Brennstoff und der Sauerstoff kontaktieren nicht direkt, weil sie durch die Schicht der Brennprodukte getrennt sind.

Der interessanteste Teil der Flamme ist die vierte, gelbleuchtende Zone. Diese Flammenoberfläche ist die aktivste Zone der Kerze,  von da stammt eigentlich das Kerzenlicht. Dieser Teil wird auch Kohlenzone genannt, weil er aus Russteilchen besteht. Auf der Oberfläche des dunklen Kernes lagert sich der Ruß zusammen, der wegen des niedrigen Wasserstoff-Kohle-Verhältnis reich an Kohle ist.

Während der Reaktionen entstehen Kohlenwasserstoffpartikel einer Größe von 10-200 nm. Diese Partikel bilden dann Kohlenwasserstoffketten. Durch die heißen Gase und die Wärmeabgabe aus der Reaktionszone glüht der Ruß auf. Es wird das ganze sehbare Spektrum ausgestrahlt, aber in der vierten Zone ist die Emission am stärksten. Wenn die Bestandteile über die Glühzone kommen, treten sie mit dem Wasserstoff und Kohlendioxid in chemische Reaktion und wandeln sich in Kohlenmonoxid um.

Wenn sich der Docht beim Brennen nicht zur Flammengrenze hinbiegt, wird er zu lange und führt der Flamme zu viel Wachs zu. In diesem Fall brennt die Kerze mit rußender Flamme, da eine Menge nicht verbrannter Kohlenstoffpartikel vorhanden ist.

Von den Prozessabläufen in der Flamme kann man sich auf folgende Weise überzeugen. Man hält ein kaltes Metall, z. B. einen Löffel über der Flamme. Es ist zu beobachten, dass sich der beim Brennen entstandene Wasserstoff auf dem Löffel niederlegt. Legt man den Löffel in die Mitte der Glühzone, kann man darauf Russteilchen sammeln. Legt man denn den Löffel in den dunklen Kern der Flamme, legen sich darauf die verdampften, aber noch nicht zerfallenen Kohlenwasserstoffe nieder, dabei bilden sie eine dünne Wachsschicht.

Bläst man eine Kerze aus, steigen weiße Rauchstreifen auf. Vom heißen Docht entweichen noch Kohlenwasserstoff-Moleküle und durch Kondensation bilden Aerosole: das ist der Rauch. Die Aerosol-Tropfen haben durchschnittlich einen Durchmesser von 0,15 Mikrometer. Hält man schnell ein angezündetes Streichholz im Rauch, kann man die Kerze wieder zum Brennen bringen.

(Quelle: KFKI – Zentrales Forschungsinstitut für Physik in Budapest)